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Broschüren, Studien, Flyer, Photo's, Zeitschriften, Filme, Bücher zum Thema Bisexualität / Multisexualität
Ambisexualität
Ambisexualität / ambisexuell wurde 1911 durch Dr. Sándor Ferenczi als Alternative/Spezifizierung zum Begriff Bisexualität vorgeschlagen[1].
Ich schlage vor, anstatt des Ausdrucks „bisexuelle Anlage" in der Psychologie den Terminus Ambisexualität zu gebrauchen. Dadurch wäre es angedeutet, daß wir unter dieser Disposition nicht das Vorhandensein männlicher und weiblicher Materie (Fließ) im Organismus, oder männlicher und weiblicher Libido in der Psyche verstehen, sondern die psychische Fähigkeit des Kindes, seine - ursprünglich objektlose - Erotik dem männlichen oder dem weiblichen oder beiden Geschlechtern zuzuwenden, sich an eines der Geschlechter oder an beide zu fixieren.Sein Bestreben war dem Umstand geschuldet, daß der Begriff Bisexualität mehrfach belegt und es nie ganz klar war, um welche Art/Form der Bisexualität es sich handelt.
Wilhelm Fließ bezeichnetete damit das Vorhandensein von dauerhaften männlichen wie weiblichen Geschlechtsanteilen im Lebewesen.[2] Während Sándor Ferenczi den Willen meinte.
Ferenczi war nicht der Erste mit dem Versuch, etwas Ordnung in das Wirrwarr um den Begriff Bisexualität zu bringen. Karl-Heinrich Ulrichs hatte sein Uranodionäismus[3], Richard von Krafft-Ebing verwendetete psychische Hermaphrodisie[4]. Nur Magnus Hirschfeld entschied sich durchgehend für Bisexuell / Bisexualität als Begriff, was aber an seinem späten Einstieg in diese Diskussion gelegen haben dürfte.
Da Ferenczi seine Intention nicht weiter erläutert hat, ist, nach derzeitigem Kenntnisstand, der häufig zu lesenden Teilsatz in Texten zur Erklärung von Bisexualität - "... Bisexualität (eigentlich Ambisexualität) ..." - so nicht richtig. Denn entgegen der teilweise verbreiteten Meinung, das der Wortstamm von Bisexualität sich aus Ambisexualität ergibt, oder Ambisexualität gleichbedeutend mit Bisexualität ist, erfordert Bisexualität dann doch etwas mehr, als nur eine psychische Fähigkeit. Und Ambisexualität steht in Ferenczi's Erklärung eben nur für diesen kleinen Teil der Bisexualität.
1 Archivale zum Begriff 'Ambisexualität'
- Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen Band III, 1. Hälfte; Typ: Buch
Nachweis über die Einführung des Begriffs 'Ambisexualität' durch Dr. Sándor Ferenczi
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Fußnoten / Einzelnachweise
- ⇫ Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen III, 1. Hälfte; "Über die Rolle der Homosexualität in der Pathogenese der Paranoia.", Verlag Franz Deuticke, Leipzig / Wien, 1911, S. 119, Anm. 1,
- ⇫ Fliess, Wilhelm; Der Ablauf des Lebens. Grundlegung zur exakten Biologie., Verlag Franz Deuticke, Leipzig / Wien, 1906
- ⇫ Ulrichs, Karl Heinrich, Formatrix „Anthropologische Studie über urnische Liebe", Leipzig, 1865, § 81
- ⇫ von Krafft-Ebing, Richard, 'Psychopathia Sexualis' 4. Auflage, Verlag Ferdinand Enke, Stuttgart, 1889, S. 96