Konversionstherapie

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Konversionsmißhandlungen

Eine Dornenkrone aus Draht, steht aufrecht im Mittelpfalz einer Bibel. Der Schatten der Dornenkrone bildet dadurch auf dem Märchenbuch die Form eines Herzes.
Leid und Schmerz im Namen einer 'Religion'.
© pixabay.com / jclk8888

Die "Konversionstherapie", auch als 'Konversionsbehandlung', "reparative Therapie" oder Umpolungstherapie bekannt, ist eine Form der Behandlung, die darauf abzielt, die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität einer Person zu ändern. Die Methode wird von vielen Experten und Organisationen als schädlich und ineffektiv angesehen und kann zu schwerwiegenden psychischen Schäden führen.

Glauben und Wissen

'Konversionsbehandlungen' wurden erstmals in den 1950er Jahren in den USA eingeführt und häufig von religiösen Organisationen und Therapeuten durchgeführt, die glaubten, dass Homosexualität eine "Sünde" sei. In den letzten Jahren hat die Praxis jedoch weltweit an öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen, insbesondere nachdem viele Länder begonnen haben, die "Konversionstherapie" gesetzlich zu verbieten.
Die "Konversionstherapie" wird von zahlreichen medizinischen und psychologischen Organisationen verurteilt. Die American Psychological Association (APA) bezeichnete die Praxis als "schädlich und unwirksam" und betonte, dass sie "psychologische Schäden, einschließlich Depressionen, Angstzustände und Selbstmordgedanken" verursachen könne. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, dass 'Konversionsbehandlungen' "eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlbefinden von betroffenen Menschen darstellen" und forderte ihre weltweite Abschaffung.

Zahlen

Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie von The Trevor Project[1], einer amerikanischen LGBTQ-Jugendhilfeorganisation, ergab, dass 10.000 LGBTQ-Jugendliche im Alter von 13 bis 24 Jahren in den USA 'Konversionsbehandlungen' durchlaufen haben. Die Studie zeigt auch, dass Jugendliche, die 'Konversionsbehandlungen' durchlaufen haben, mit einem dreifach höheren Risiko für Suizidgedanken und -versuche konfrontiert sind[2] [3].

Staatliches Handeln

Der Staat ist gefordert, diesen religösen Unsinn zu verbieten. Leider gibt es im deutschsprachigem Raum kein einheitliches Vorgehen. Selbst innerhalb von Staaten gibt es unterschiedliche Regeln.

Schweiz ist gespalten

Die Schweiz ist in der Frage gespalten. Das Kanton St. Gallen verbietet "Heilungstherapien"[4].

Österreich wartet noch

Der Nationalrat in Österreich beschließt "immer mal wieder" (2019, 2021) ein Verbot von "Konversionstherapien" und fordert eine Umsetzung des Beschlusses durch Justiz- und Gesundheitsminister[5], aber scheinbar ist in dieser Richtung bisher noch nichts passiert.

Luxemburg setzt Prioritäten

In Luxemburg geht es offenbar der Reihe nach, wobei die Reihenfolge nicht ganz klar ist.

Wir haben uns mit dem Thema beschäftigt: Es sind keine Fälle bekannt, weder in Luxemburg noch von luxemburgischen Bürgern, die sich im Ausland einer Konversionstherapie unterzogen haben. Wir sollten deshalb den Dingen Priorität einräumen, die akut sind, und die es den Menschen erlauben, ein gutes Leben zu führen.[6]

Belgien

Belgien, als Vorbild in Sachen LSBTIQA*- Rechte, möchte wohl erst in 2023 ein Verbot umsetzen, was aber auf Gerüchten beruht. Sobald sich etwas Konkretes ergibt, wird es hier nachgetragen.

Deutschland ist Inkonsequent

In Deutschland wurde die "Konversionstherapie" bisher nicht verboten, obwohl sich zahlreiche Organisationen dafür einsetzen. Am 12. Juni 2020 wurde das 'Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen'[7] erlassen. Es verbietet "Konversionstherapien" bei Minderjährigen bis 18 Jahre und beinhaltet ein Werbeverbot. Bei Personen, die zwar das 18. Lebensjahr vollendet haben, deren Einwilligung zur Durchführung der 'Konversionsbehandlung' aber auf einem Willensmangel beruht, ist eine 'Konversionsbehandlung' ebenfalls untersagt [8].
Wer einmal in Beratungsgesprächen erlebt hat, wieviele Menschen selbst noch mit 40 - 50 Jahren Wert darauf gelegt haben, was ihre Eltern denken könnten, wird sehr schnell verstehen, warum die 'ab 18- Regelung' ziemlicher Unsinn ist. Für diese Menschen gibt es nicht wirklich eine Wahl. Und ob dies dann als Willensmangel angesehen wird[9], bleibt fraglich. Denn wozu zählt der Entzug von familliären Kontakt, Liebe oder Unterstützung? Erpressung, Zwang, Drohung? Und würde ein Gericht sowas wirklich berücksichtigen? Der Schaden ist dann aber bereits angerichtet.

Bei Fürsorge- und Erziehungsberechtigten, ist die Strafbarkeit begrenzt auf Fälle der gröblichen Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht. Quelle: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen Drucksache 19/17278; Deutscher Bundestag; 19.02.2020; S. 3

Traurigerweise ist dieser Gesetzentwurf unter einem homosexuellem Gesundheitsminister (Jens Spahn) entstanden, der es eigentlich hätte besser wissen müssen.

Sprachfehler

Das Wort 'Konversion' kommt aus dem Lateinischen und bedeutet 'Umkehrung'. In der Psychologie und Psychotherapie bezieht sich Konversion auf den Prozess der Umwandlung von psychischen Konflikten in körperliche Symptome oder Verhaltensweisen, die als Ausdruck dieser Konflikte dienen.
'Therapie' bezeichnet eine Behandlungsmethode, die darauf abzielt, körperliche, psychische oder psychosomatische Störungen zu lindern oder zu heilen. Dabei kommen verschiedene Verfahren und Techniken zum Einsatz, je nach Art und Schwere der Erkrankung. Das Ziel der Therapie ist es, das Wohlbefinden und die Gesundheit des Patienten zu verbessern und ihm dabei zu helfen, seine Probleme zu bewältigen.
Beides impliziert, daß an der sexuellen Orientierung irgendwas geändert oder geheilt werden könnte/müßte und entspricht dem Wissensstand der 50er Jahre. Beides wurde mittlerweile mehrfach widerlegt.
Es ist durchaus angemessener, von 'Konversionsmißhandlungen' zu sprechen, da die Praxis der "Konversionstherapie" oft als traumatisch und gewalttätig empfunden wird und in vielen Fällen zu psychischen Schäden führen kann. Der Begriff 'Konversionsmißhandlungen' betont auch die ethischen und moralischen Bedenken gegenüber dieser Praxis.

Der Ausdruck [reparative Therapie] und die Praxis unterstellen, dass die Homosexualität eine Fehlfunktion ist, die korrigiert werden muss. Dies ist aber ein moralistisches Werturteil, keine objektive wissenschaftliche Feststellung.[10]

Handeln!

Insgesamt ist die "Konversionstherapie" eine schädliche und ineffektive Praxis, die weltweit verurteilt wird. Regierungen und Organisationen müssen Maßnahmen ergreifen, um diese Praxis komplett zu verbieten und die betroffenen Personen zu unterstützen.
Mit der Sicht von politisch Verantwortlichen an politisch Verantwortliche: "Konversierte" bedeuten früher oder später echte Therapien, um die Arroganz des Glaubens wieder zu korrigieren. Therapien bedeuten Kosten im Gesundheitssystem. Mal ganz abgesehen vom wirtschaftlichen Faktor, wenn die mißhandelten Personen ausfallen. Oder den verlorenen Investitionskosten in Bildung und Soziales, wenn die traumatisierten Menschen sich vielleicht das Leben nehmen.
Was kostet ein vollständiges Verbot von 'Konversionsmißhandlungen'?
Und als weiterer Denkanstoß: die 'Konversionsmißhandlungen' haben ihren Ursprung nicht im medizinischen Bereich, sondern stammen aus dem religösen Umfeld. Ihre Wirksamkeit gemäß den versprochenen Zielvorgaben, wurde noch nie wissenschaftlich belegt, und wird es auch nie werden. Insofern dürfte sich die Frage nach einem Verbot der körperlichen und seelischen Mißhandlungen gar nicht stellen, sondern muß als das geahndet werden, was es ist: Illegal! Eine solche Frage stellt sich schließlich im deutschen Strafrecht auch niemand, wenn es um andere körperliche Mißhandlungen geht.

[ Mac & GPT ]

1 Archivale zum Begriff 'Konversionstherapie'

  1. BiJou 17 - Bisexuelles Journal, Ausgabe 17, 03/2001; Typ: Publikation
    ... - "Goldene Regeln" für die LoBBi (Lustorientierte Begegnungsstätte Bisexueller). - LeiDfaden. Lust und Frust eines Aktiven. - Der Kirchentag wird Bi. - Bisexuelles Netzwerk: "Rot-grünes Gesetz erkennt auch Mehrfachbeziehungen rechtlich an" - Netzteil - die anderen Seiten des BiNe e.V. ...
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Fußnoten / Einzelnachweise

  1. The Trevor Project
  2. The Trevor Project Publishes New Journal Article on the Dangers of Conversion Therapy
  3. Self-Reported Conversion Efforts and Suicidality Among US LGBTQ Youths and Young Adults, 2018
  4. SRF.ch
  5. Nationalrat einstimmig für Verbot von Konversionstherapien
  6. Cahen, Corinne; 2022; Ministerin für Familie und Integration
  7. Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG)
  8. KonvBehSchG §2
  9. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums
  10. E.J. Haeberle, dtv-Atlas Sexualität, © 2005 Deutscher Taschenbuch Verlag


Verweise / Quellen:

  • tagesschau.de: Behandlung mit gefährlichen Folgen; 2019
  • Bundesstiftung Magnus Hirschfeld; Abschlussbericht Wissenschaftliche Bestandsaufnahme der tatsächlichen und rechtlichen Aspekte von Handlungsoptionen unter Einbeziehung internationaler Erfahrungen zum geplanten „Verbot sogenannter ,Konversionstherapien‘“ in Deutschland zum Schutz homosexueller Männer, Frauen, Jugendlicher und junger Erwachsener vor Pathologisierung und Diskriminierung; Berlin; 2019; https://mh-stiftung.de/wp-content/uploads/Abschlussbericht_BMH_neu.pdf

letzte Bearbeitung: 15.09.2023